Interview mit Hanna Theorin

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Für diejenigen, die dich noch nicht kennen, erzähl bitte ein wenig über dich selbst und warum du mit Kinderwunschbehandlungen zu beginnen?

Ich heiße Hanna Theorin, bin 30 Jahre alt und wohne in Småland (Schweden) zusammen mit meinem Verlobten Kevin (32 Jahre) und unserer Tochter Lara (1 Jahr). Als wir versuchten, ein Kind zu bekommen, dachte ich nie, dass wir Kinderwunschbehandlungen benötigen würden. Ich war wohl etwas naiv und dachte, man müsse „einfach nur ein bisschen versuchen, und dann wird man schwanger und alles geht gut“. Aber nach über 3 Jahren aktiven Versuchen schwanger zu werden, einer Fehlgeburt und einem verlornem Kind in der Schwangerschaft, fühlten wir, dass es Zeit ist eine Untersuchung durchführen und somit machten wir einen Termin bei einem Arzt, um eine Fruchtbarkeitsuntersuchung zu starten.

Dort begann unsere Kinderwunschreise. Es wurden keine Störungen under Probleme bei mir oder meinem Verlobten gefunden, außer dass ich nicht jeden Monat einen Eisprung habe. Deshalb wurde ich auf Eisprung auslösende Medikamente gesetzt und nach 6 Monaten hatte ich mit Hilfe der Medikamente jeden Monat einen eigenen Eisprung, aber es wir wurden trotzdem nicht schwanger und wurden somit empfolen mit einer IVF-Behandlung zu beginnen.


Was waren deine Gefühle zu Beginn deiner ersten IVF-Behandlung?

Um ehrlich zu sein, waren meine Gefühle sehr positiv, als wir mit IVF beginnen würden. Jetzt würden wir endlich die Hilfe bekommen, die wir benötigen um unser Ziel zu erriechen. Ich wusste, dass es nicht so einfach sein wird wie „IVF machen und schwupps hat man ein Kind“. Aber ich hatte keine Ahnung, dass es ein so anstrengenden Prozess für Körper und die Psyche sein würde.


Welche Teile der Kinderwunschbehandlung waren für dich am schwierigsten, sowohl mental als auch körperlich?

Viele kämpfen jahrelang, gehen von einer IVF-Behandlung zu nächsten IVF-Behandlung, machen viele Untersuchungen, erleben Misserfolge und Fehlgeburten. Genau so war es bei uns. Das Schwierigste an dem gesamten Prozess war für mich die Ungewissheit. Nicht zu wissen, ob wir unser Ziel erreichen werden. Gleichzeitig ist man ständig voll von Hormonen und dein Körper geht auch physisch durch den Wahnsinn. Es fühlte sich an, als ob man ständig am gleichen Punkt festhängt. Zwei Schritte vorwärts und der Hoffnungsschimmer stieg, aber es endete immer damit, dass man sieben Schritte zurück ging. So fühlte es sich an. Nach jedem Misserfolg oder Fehlgeburt fühlte es sich an, als ob wir immer wieder am Anfang standen und nie weiter kamen. Es wurde zu unserem Alltag, und unsere ganze Persönlichkeit schrie IVF, Unfruchtbarkeit, Misserfolg.


Wie haben sich deine Beziehungen zu deinem Partner, der Familie, Freunden usw. in der Kinderwunschzeit verändert?

Natürlich beeinflusst es irgendwie die Beziehung, wenn man so etwas durchmacht. Beide wollen dasselbe Ziel erreichen, aber versuchen, auf verschiedene Weise das Ziel zu erreichen.

Als Frau ist der Körper ständig voller Hormone und man muss all diese Untersuchungen, Ultraschalle, Eizellentnahmen und Eingriffe durchmachen. Und der Partner steht daneben und versucht, die beste Unterstützung zu bieten, während er selbst auch psychisch dasselbe durchmacht. Es ist eine Herausfordung. Aber gleichzeitig weiß man tief im Inneren, dass man das gleiche Ziel verfolgt – ein ersehntes Kind. Aber der Weg dorthin ist sehr schwierig und man versucht sich gegenseitig auf dem Weg zu stützen.

Unsere Familien haben uns wärend der Kinderwunschzeit so gut sie konnten unterstützt. Aber ich verstehe, dass es nicht einfach ist, als Außenstehender zu wissen, wie man reagieren soll, was man sagen darf oder wie man sich verhalten soll. Es ist eine sehr schwierige und emotionale Zeit, in der man sich befindet, also war es für uns einfach beruhigend zu wissen, dass sie da waren und uns zuhörten, wenn wir sie brauchten.


Gibt es Bemerkungen oder Kommentare, die für dich besonders schwer zu hören sind?

Es gibt viele Kommentare, die unglaublich schwer zu ertragen sind, wenn man mitten im ganzen Prozess steckt. Zum Beispiel: „Warum adoptiert ihr nicht einfach?“ oder „Entspann dich, dann passiert es schon“.


Was wünschst du dir, dass Menschen die noch mit unerfüllten Kinderwunsch oder IVF-Behandlungen zu tun hatten verstehen?

Ich wünsche mir, dass Menschen, die keine Ahnung haben warum eine Person oder ein Paar eine IVF-Behandlung durchmacht, oder die offensichtlich noch nie selbst mit unerfülltem Kinerwunsch zu schaffen gehabt haben, sich zurückhalten. Ich wünsche mir, dass mehr Leute zumindest versuchen zu verstehen, dass Unfruchtbarkeit und Kinderwunsch wirklich komplex sind. Manche denken immer, dass es ganz einfach ist, aus der Situation herauszukommen, „wenn du nur das oder das machst“. Aber diejenigen, die Betroffen sind, haben garantiert alles überprüft, was eine Option für sie sein könnte um an ihr Ziel zu gelangen. Genauso wie bestimmte Behandlungen für die eine Person geeignet sind, aber nicht für andere. Wir sind unterschiedliche Individuen, haben unterschiedliche Probleme und benötigen verschiedene Behandlungen.


War es selbstverständlich für dich, dass du deine Kinderwunschzeit in den sozialen Medien und mit deinem Umfeld offen teilst?

Es war absolut nicht selbstverständlich, meine Kinderwunschzeit in den sozialen Medien zu teilen. Als wir mit unserer IVF_behandlung beginnen wollten, lag mein Vater im Sterben, und es gab so viel zu bewältigen, dass ich das Gefühl hatte, ich muss mich irgendwo auslassen. Also startete ich einen Blog, aber ich merkte schnell, dass das gar nichts für mich war. Instagram fühlte sich persönlicher an, da ich sowohl im Feed als auch in den Stories „real life“ Updates teilen konnte, also wurde es zu meinem offenen Tagebuch. Bevor ich anfing, zu teilen, suchte ich nach anderen, die auch in ähnlichen Situationen sind und ihre Kinderwunschzeit teilen aber ich fand nicht viele. Ein Paar auf YouTube teilte ihre Erfahrungen. Es war so schön, ein anderes Paar zu sehen, das das gleiche durchmachte wie ich. Man fühlt sich irgendwie besser vorbereitet.

Dann dachte ich mir, ich möchte unsere erste IVF-Behandlung für YouTube filmen, hauptsächlich um später selbst darauf zurückblicken zu können, aber auch damit andere, die denselben Weg gehen oder gehen werden, sehen können, wie es bei uns lief. Mein Ziel war nie, mit sozialen Medien zu arbeiten, sondern einfach jemand anderem zu helfen, sich weniger allein zu fühlen. Wenn ich einer derjenigen sein konnte, die ihre Reise teilen und jemand anderem helfen konnte, sich weniger allein zu fühlen, dann hatte ich das erreicht, was ich mir zu Beginn vorgenommen hatte.

Die Zeit verging, und es begannen immer mehr Leute, die ebenfalls IVF, Unfruchtbarkeit und Fehlgeburten durchmachten, unsere Kinderwunschzeit auf Instagram zu verfolgen. Wir wurden irgendwie wie eine kleine Familie. Wir teilten Erfahrungen, Gedanken und Gefühle miteinander. Persönlicher als das kann es kaum werden, wenn man seine gesamte Kinderwunschzeit teilt, aber ich begann auch, mehr von meinem Leben zu zeigen. Ich habe zu dieser Zeit meine Ausbildung zur Pflegehelferin gemacht und mein Leben allgemein gezeigt. Es schien gut anzukommen und wird seitdem sher geschätzt ein bisschen Realität zeigen. So kam es und hier sind wir jetzt. Dankbarer als je zuvor!


Welche Tipps würdest du jemandem mit unerfülltem Kinderwunsch oder denen, die gerade eine IVF-Behandlung beginnen, geben?

•  Erlaube dir alle Gefühle zu fühlen.

•  Setz dir Etappenziele, da es überwältigend sein kann zu weit voraus und an alles zu denken.

•  Sprich mit denen, von denen du Stärke bekommst und die bereit sind dir zuzuhören.

•  Mach Dinge die dir während der Kinderwunschzeit gut tun.

•  Keine Frage ist zu dumm wenn du mit medizinischen Personal eines Kinderwunschzentrums sprichst.

Ich höre dich.

Ich sehe dich.

Ich bin bei dir.

Du kannst @hannatheorin und ihre Kinderwunschzeit hier verfolgen:

https://www.instagram.com/hannatheorin

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